Müdigkeit gehört zu den Symptomen, die oft Rätsel aufgeben. In vielen Fällen verbirgt sich dahinter aber kein Krankheitsbild, sondern eine biologisch sinnvolle Reaktion unseres Körpers. Dagegen anzukämpfen, ist dann der falsche Weg.
Konzentrationsprobleme, verminderte Leistungsfähigkeit, Gereiztheit, wenig Antrieb – das Beschwerdebild von Patienten, die unter chronischer Müdigkeit leiden, ist vielschichtig und die Suche nach den Ursachen oft schwer. Denn schon der Begriff „Müdigkeit“ ist nicht eindeutig definiert und auch für verwandte Beschwerdebilder wie „Fatigue“ gibt es noch keine verbindliche Definition [1, 2]. Tatsache ist jedoch: Wenn unser Organismus mit Müdigkeit reagiert, ist das nicht immer ein Anlaß, sofort Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Denn aus biologischer Sicht hat es einen Sinn, wenn wir müde werden. So ist zum Beispiel eine Phase der Müdigkeit nach einer Infektionskrankheit kein Grund für besorgniserregende Schlagzeilen, sondern ein ganz normaler Vorgang. Der Grund: Bei jeder Infektion reagiert der Körper mit Entzündungen. Dabei können bis zu 1000 mal höhere Konzentrationen von immunrelevanten Proteinen festgestellt werden, zum Beispiel des C-reaktiven Proteins (CRP). Unter dem Strich verbrauchen die im Körper nach einer Infektion ablaufenden Prozesse also viel Energie – auf die das Gehirn reagiert und uns ruhig stellt, sprich: müde macht. Darum gilt: Die Infektion eindämmen und Entzündungen ihre Arbeit verrichten lassen. Dreh- und Angelpunkt bei Müdigkeit ist das Gehirn. Es braucht ausreichend Sauerstoff, um zu funktionieren und richtet die körpereigenen Regelkreise bei einem Mangel zu seinen Gunsten aus. Mit anderen Worten: Die Funktion anderer Organe wird heruntergefahren, damit das Steuerzentrum unseres Körpers optimal versorgt wird. Denn ohne Sauerstoff kann das auf einen aeroben Energiestoffwechsel angewiesene Gehirn nicht arbeiten. Bei einem gravierenden Sauerstoff-Mangel dauert es auch nur wenige Sekunden bis wir bewußtlos werden, weil das Gehirn auf Notbetrieb umstellt. In Relation zu seinem Gewicht ist der Energiebedarf des Gehirns enorm: Es verbraucht ein Fünftel des im Körper befindlichen
Sauerstoffs, sein Anteil am gesamten Körpergewicht beträgt jedoch nur ein Fünfzigstel [3].