Wann waren wir zum letzten Mal im Wald? Das ist sehr lange her oder war noch nie der Fall. Jungfräulich natürlichen Wald gibt es in Deutschland nur noch einen einzigen: das Zwieseler Wäldchen bei Bayerisch Eisenstein. Dort hatte man früher Angst vor den Selbstschußanlagen des Eisernen Vorhangs, so blieb es vom Zugriff des Menschen verschont. Alle anderen Wälder teilen das Schicksal der schwindenden natürlichen Ökosysteme (Flüsse, Seen, Meere) auf unserem Planeten – sie sind Holzäcker geworden, wie sie der Geobotaniker Professor Richard Pott [1] nennt – das ganze Interview mit Prof. Pott finden Sie auf unserer Webseite unter AKTUELL (www.pandalis.de/de/aktuell).
Wir Deutschen, sagt man, lieben unseren Wald. Wir sehen grün und sind zufrieden. Verführt von Oberflächlichkeit folgt das Denken dem Motto: „Nach mir die Sintflut!“ – Liebe ist anders. Vorbei die Zeit, als das Lied „Mein Freund der Baum“ alle mitsummten. Für den Waldbauern (die Hälfte des deutschen Waldes ist Privateigentum) zählt der Baum nur noch, wenn er auf dem Bankkonto angekommen ist, der staatliche Forstbeamte hilft ihm dabei. Hätte der Wald eine Stimme, er würde schreien. Doch es gibt ihn nicht mehr. Verkommen zum Kasernen-Forst, warten seine Bäume in Reih und Glied, bis ihre Leichen den Export maximieren dürfen – Holzkohle für Chinas Industrie und die deutsche Grillfete.
Können wir zusehen und schweigen? Jeder ist gefragt. Wer sich nicht vor seinen Nachkommen schämen will, tut dort etwas, wo er kann. Indem er Vorbild ist, sich gegen den gesellschaftlichen Druck stemmt: Gegen Grillorgien und Geburtstagsfeten, mit denen jeder nur sich selber feiert. Gegen immer größere Gift und Feinstaub spuckende Autos. Gegen Fernreisen, die die Ozonschicht zerstören und damit viele weitere Ökosysteme. Gegen eine Waldindustrie, die in denselben Händen liegt wie die Agrarsteppen, die nur krankmachendes Billigfleisch hervorbringen. Also in den Händen derer, die als Agrarindustrie hunderte Quadratkilometer Spargel-Folien nutzen, die im Meer landen, die daneben subventionierte Blühstreifen als Bienenfallen (vgl. www.pandalis. de/de/aktuell) anlegen sowie Tomaten unter Glas ziehen, die mit dem Gemüse nur die Farbe gemeinsam haben (UHN 4/2010). Das alles subventionieren wir mit unseren Steuern – bis die nächste Generation den Wald nur noch als mythisches Bild kennt und Waldluft aus Dosen atmet, wie sie die Kanadier schon verkaufen. Martin Luther King sagte: „Kein Problem wird gelöst, wenn wir träge darauf warten, daß Gott sich darum kümmert.“ Selber etwas tun, muß unser Motto sein. So wie der ehemalige Spitzenkoch Franz Keller, der auf die Gourmet-Sterne pfeift und als Biobauer zu seinen Wurzeln zurückkehrte. [2] Wir folgen diesem Leitgedanken auch beim Kampf gegen die Grippe und beim Thema Allergien – beides kann man bei der Wurzel packen, ohne der Schafherde hinterherzutrotten – unser „Aktuelles Thema“ verrät, wie.
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Ihr Dr. Georgios Pandalis
1. Pott R (2018): Kasernen-Forst: Wo der Wald geblieben ist, ww.pandalis.de/de/aktuell
2. Keller F (2018) Vom einfachen das Beste: Essen ist Politik oder Warum ich Bauer werden musste, um den perfekten Genuss zu finden. Westend Verlag, Frankfurt/Main