Der Östrogenspiegel wirkt sich auch auf Augen und Zähne aus

Daß sich unser Hormonspiegel im Lauf der Jahre verändert – und teilweise mit Beschwerden verbunden ist – hat die Natur so vorgesehen. Bei Frauen nimmt der Östrogenspiegel bis zum Eintritt der letzten Regelblutung (Menopause) kontinuierlich ab; mit dem Einsetzen der Menopause fällt er dann noch einmal rapide. Männer dagegen müssen mit weniger Veränderungen leben: Bei ihnen sinkt der Testosteronspiegel in langsamen Schritten. Normal ist, daß die Testosteronkonzentration ab dem 40. Lebensjahr um ein bis zwei Prozent pro Jahr zurückgeht; wie stark sich die Produktion des männlichen Sexualhormons verändert, ist jedoch individuell unterschiedlich. Krankheiten wie Diabetes mellitus, Nierenfunktionsschwäche oder das Schlafapnoe-Syndrom können einen Rückgang des Testosterons begünstigen und damit unter anderem Osteoporose, Blutarmut oder Libidoverlust auslösen.

Was viele nicht wissen: Hormonschwankungen können sich auch auf Augen und Zähne auswirken. Grauer Star, eine Störung der Meibomdrüsen, oder auch trockene Augen haben einen direkten Bezug zu einem niedrigen Östrogenspiegel und kommen deshalb bei Frauen häufiger vor als bei Männern. Denn die Rezeptoren von Geschlechtshormonen wie Östrogen befinden sich im gesamten Auge, einschließlich der Netzhaut und des retinalen Pigmentepithels (RPE). Vor allem nach den Wechseljahren sind Frauen anfällig, an Grauem Star zu erkranken, und tragen ein doppelt so hohes Risiko wie Männer [3]. Außerdem ist die Hornhaut des Auges bei Frauen generell dünner als bei Männern, was aus der Sicht von Fachleuten ebenfalls am wichtigsten weiblichen Sexualhormon liegen könnte. In der Praxis findet das jedoch bisher nur wenig Beachtung: Selbst Augenärzte, so heißt es in Fachkreisen, seien sich oft nicht darüber im klaren, daß zwischen Männern und Frauen auch bei der Augengesundheit ein hormonell bedingter Unterschied besteht.

In der Pubertät kann der steigende Östrogenspiegel bei Mädchen zur sogenannten „Pubertätsgingivitis“, also zu einer Entzündung des Zahnfleischs führen. Auch in der Schwangerschaft wird der Zahnhalteapparat (Parodont) durchlässiger und das Gewebe lockerer. Die Folge können Blutungen, Schwellungen und im schlimmsten Fall ein Zahnverlust sein. In der Menopause ist die Zahngesundheit dann ebenfalls in Gefahr, weil auch ein sinkender Östrogenspiegel Parodontitis verursachen kann. Der Grund: Im Zahnfleisch (Gingvia) finden sich, ebenso wie im Auge, östrogenaffine Rezeptoren.

Da die Östrogenrezeptoren auch in den Schleimhäuten des Urogenitaltrakts sitzen, sind Organe wie die Blase oder die Vagina ebenfalls von dem sich in der Menopause verändernden Hormonspiegel betroffen. Bei jüngeren Frauen halten die Östrogenrezeptoren die Vaginalwand dick und elastisch; in der Menopause verdünnt sich das Epithel deutlich und kann damit Probleme wie Trockenheit und eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen verursachen.