Aus dem Takt geraten

Daß sich Östrogen- und Testosteronspiegel im Lauf des Lebens verändern, hat die Natur so vorgesehen. Doch unser moderner Lebensstil hinterläßt auch hier seine Spuren: Das fein austarierte Gleichgewicht unserer wichtigsten Sexualhormone wird zunehmend gestört.

Die Entscheidung, nicht mehr im Einklang mit der Natur zu leben, ist folgenreich – nicht nur für die Erde, sondern auch für uns selbst. Denn egal, über welches Krankheitsbild wir reden: Die allgegenwärtigen Schad- und Giftstoffe in unserer Umwelt spielen immer eine Rolle. Auch das Hormonsystem gerät durch den modernen Lebensstil zunehmend unter Druck. Inzwischen wird das Problem selbst von der Politik nicht mehr negiert. Ende 2023 hat die Bundesregierung einen „Fünf-Punkte- Plan zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen“ [1] vorgelegt, der an den Auswirkungen von Substanzen wie Bisphenol oder Phthalaten keinen Zweifel läßt. Diese seien „potenziell krebserregend und fortpflanzungsschädigend“ und könnten „irreversible Schäden in der Entwicklung von Organismen“ hervorrufen [2].

Keine Frage: Die biochemischen Botenstoffe unseres Körpers sind für unseren Organismus und unsere Gesundheit essentiell. Sie steuern die unterschiedlichsten Prozesse. Den Energiehaushalt zum Beispiel, den Schlaf Wach-Rhythmus und natürlich die Geschlechtsentwicklung und Sexualität. Für den Fortbestand unserer Spezies spielen die Sexualhormone Östrogen und Testosteron die wichtigste Rolle. Während sich bei Männern alles um Androgene wie Testosteron und die biologisch aktive Form Dihydrotestosteron dreht, kommen bei Frauen neben den Östrogenen auch die Gestagene (Gelbkörper) ins Spiel, die eine Schwangerschaft aktiv beeinflussen. Östrogene, ein Oberbegriff für die Hormone Estriol, Estradiol und Estron, werden hauptsächlich in den Eierstöcken (Ovarien), in Follikeln, im Gelbkörper sowie zu einem geringen Anteil in der Nebennierenrinde gebildet. Testosteron wiederum wird beim Mann in erster Linie in den Hoden produziert und beeinflußt neben der Geschlechtsentwicklung und der Fortpflanzung auch die Blutbildung und damit auch die Sauerstoffversorgung des Körpers. Östrogen dagegen wirkt zusätzlich zu seiner Aufgabe als Sexualhormon auch auf den Knochenstoffwechsel ein. Beide Botenstoffe kommen in deutlich geringerer Konzentration jeweils auch beim anderen Geschlecht vor.