Das Darmmikrobiom wird von vielen Seiten angegriffen

Gesund alt zu werden und das Darmmikrobiom zu pflegen, ist also keine Hexerei – über die Ernährung haben wir es in der Hand. Wir können selbst entscheiden, was wir essen, wie wir unser Essen zubereiten und wie wir es zu uns nehmen: Hektisch oder mit viel Zeit, allein oder umgeben von Familie und guten Freunden. „Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel und eure Heilmittel eure Nahrungsmittel sein“, hat der griechische Arzt und Forscher Hippokrates von Kos (460 – 370 v. Chr.) seinen Zeitgenossen mit auf den Weg gegeben.

In der heutigen Zeit mag sich daran kaum noch jemand erinnern. Unser modernes Leben, geprägt von schneller („fast food“), billiger und qualitativ minderwertiger Nahrung führt dazu, daß unser Darmmikrobiom empfindlich gestört wird. Wer sich in erster Linie von stark verarbeiteten Nahrungsmitteln ernährt, hat eine geringere Bakterienvielfalt im Darm; das gilt vor allem für westliche Länder und Stadtbewohner [5]. Dadurch fehlt es vielen Menschen an Ballaststoffen. Ballaststoffe binden Wasser, quellen auf, vergrößern das Stuhlvolumen und beschleunigen die Stuhlausscheidung. Fehlen diese Stoffe, dann kann das damit einhergehende stärkere Pressen beim Stuhlgang zu Hämorrhoiden und Darmpolypen führen. Auch bestimmte Ernährungsformen oder Diäten (etwa ketogene Ernährung) können die mikrobielle Zusammensetzung des Darms deutlich verändern und ein Ungleichgewicht hervorrufen [6].

Darüber hinaus sind auch Medikamente, ebenso wie Umweltgifte und Streß, Störfaktoren für unser Darmmikrobiom. Daß Antibiotika neben schlechten auch gute Darmbakterien beseitigen, wissen viele. Wie eine Studie von mehr als 1000 Arzneimitteln gezeigt hat, beeinflussen aber auch andere Präparate das Darmmilieu. So beeinträchtigt ein nicht unwesentlicher Teil (24 Prozent) der im Rahmen der Studie untersuchten Arzneimittel das Wachstum mindestens eines nützlichen Bakterienstammes [7]. Bei Arzneimittelklassen wie Antipsychotika war das sogar überdurchschnittlich oft der Fall.

So mancher findige Geschäftemacher und auftragsgesteuerte Forscher wittert bereits Morgenluft: Wenn das Darmmikrobiom bei immer mehr Menschen aus dem Gleichgewicht gerät, muß sich doch etwas machen lassen. Läßt sich auch, wie die Übertragung des Stuhls fremder Menschen (Fäkale Mikrobiota- Transplantation) oder die gentechnische Veränderung von Darmbakterien [8] zeigen. Daß derartige Eingriffe aus urheimischer Sicht völlig kontraproduktiv sind, versteht sich von selbst. Denn welche Folgen diese künstlichen Eingriffe für unser Mikrobiom haben, ist unklar [8]. Besser (und vor allem weniger kostspielig) wäre es, die Menschen daran zu erinnern, daß sie mithilfe der richtigen Ernährung und eines bewußteren Lebensstils sehr viel dafür tun können, daß ihr Darmmikrobiom im Gleichgewicht bleibt. Und daß sie damit, anstatt sich schon ab der Lebensmitte gedanklich auf den Weg ins Alters- oder Pflegeheim vorzubereiten, eine ganze Menge tun können, um gesund alt zu werden.

[5] https://natuerlich.thieme.de/therapieverfahren/ernaehrung/detail/das-mikrobiom-wiedie-darmflora-die-gesundheit-beeinflusst-1140 [6] Güzey Akansel M, et al. Effects of the Ketogenic Diet on Microbiota Composition and Short-Chain Fatty Acids in Women with Overweight/Obesity. Nutrients. 2024 Dec 19;16(24):4374. doi: 10.3390/nu16244374. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11679786/
[7] Maier L, et al. Extensive impact of nonantibiotic drugs on human gut bacteria.Nature. 2018 Mar 29;555(7698):623-628. doi: 10.1038/nature25979. Epub 2018 Mar 19. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6108420/
[8] Brödel, A. K. et al. (2024). In situ targeted base editing of bacteria in the mouse gut. Nature, 632(8026), 877-884. https://www.nature.com/articles/s41586-024-07681-w