Die natürliche Geburt ist akut vom Aussterben bedroht. Im Kreißsaal sind Medikamente, Zangen oder – wie bei inzwischen einem Drittel aller Geburten – der Kaiserschnitt gang und gäbe. Diesen Mißstand prangerten wir in den Urheimischen Notizen schon des öfteren an. Anscheinend rückt er langsam ins Bewußtsein der Öffentlichkeit, denn Kritiker möchten die „Normale Geburt“ in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufnehmen lassen. Das ist eine Art rote Liste, wie es sie sonst für vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten gibt. Uns fällt gleich noch ein weiterer Kandidat für die Liste ein: die „Natürliche Empfängnis“.
Für diese braucht es eine Frau und einen Mann und keine Tiefkühlspermien oder -eizellen. Das sogenannte Social- Freezing brachte Google und Apple in die Schlagzeilen. Sie bieten ihren Mitarbeiterinnen in den USA an, die Kosten für das Konservieren ihrer Eizellen zu übernehmen. Wir möchten gar nicht wissen, wie viele Frauen dieses perverse Angebot annehmen.
Aber da gibt es ja auch noch die Paare, die ungewollt kinderlos bleiben und Hilfe bei den Ärzten suchen. Nach offiziellen Zahlen sollen 15% der Paare betroffen sein. Die Anzahl der Behandlungen belief sich in 2012 auf über 70.000 mit einer geringen Erfolgsquote, die durch Fehlgeburten, Frühgeburten oder Mehrlingsschwangerschaften weiter getrübt wird. Was die Kinderwunschpatienten an körperlicher und seelischer Belastung bei diesen Prozeduren über sich ergehen lassen, geht auf keine Kuhhaut. Nicht zu vergessen sind die Kosten, die eine solche Behandlung mit sich bringt. Teilweise werden diese von den Krankenkassen und damit von uns allen getragen. Die Reproduktionsmediziner brauchen jedenfalls keine Angst vor dem Aussterben zu haben.
Sind die Kinder dann geboren, stehen sie von Anfang an unter Kontrolle – erst unter ärztlicher, später unter staatlicher. Der Staat streckt schon früh seine gierigen Krallen aus, um gefügige Bürger heranzuziehen. Schon Rousseau bemerkte, daß der bürgerliche Mensch nur eine gebrochene Person sei, ihrer eigentlichen Natur entkleidet. Der Staat verändert ihn so, daß er nur noch als Teil des Systems fungiert.
Die Erfindung der Krippenplätze für unter 3-jährige soll nur vordergründig Frauen die Kombination von Beruf und Familie erleichtern. Schließlich kennen wir das Prinzip aus der Vergangenheit. Im antiken Sparta kamen die Jungen früh in die Militärschulen, um sie zu Kriegsmaschinen zu erziehen und zu instrumentalisieren. Sparta ist langfristig mit dieser Strategie gescheitert. Heute gibt es nur noch eine kleine Siedlung, wo einst der Stadtstaat regierte.
Soweit braucht man aber nicht zurückschauen. Schließlich war es auch in der ehemaligen DDR erwünscht/vorgeschrieben, die Kinder kurz nach der Geburt in die Krippe zu geben. Treue sozialistische Bürger muß man früh zu solchen erziehen. Auch die DDR existiert nicht mehr. Der Mauerfall, den wir gerade so jubelnd gefeiert haben, gilt als Symbol für ihren Untergang. Doch haben wir wirklich Grund zu feiern gehabt? Der alte Geist geht noch immer um.
Im weiteren Verlauf des Lebens resignieren viele Menschen. Die „guten Bürger“ blenden feiernd oder vor Fernseher oder Computer die Realität aus. Die empfindlichen unter uns, die noch Mensch geblieben sind, resignieren oftmals, landen als Obdachlose unter der Brücke, fliehen mit Alkohol oder Drogen aus der Realität.
Diejenigen Bürger, die ein hohes Alter erreichen, sind gesellschaftlich unerwünscht. Wir nehmen sie aus ihren Familien, schieben sie ab in Pflegeheime und selbst diese wollen wir möglichst aus unserem Blickfeld verbannen. Anwohner klagen gegen Altenheime oder Hospize in Wohngegenden und bekommen auch noch Recht. Den Richtern sei gegönnt, daß sie selbst einmal in einem Heim mit Blick auf die Industrieanlagen landen. Gegen die Zustände in den Heimen wurde zurecht eine Verfassungsbeschwerde eingereicht.
Doch jeder hat es selbst in der Hand, ob er sich zu einem braven Bürger degradieren läßt, der von der Wiege bis zur Bahre alles mit sich machen läßt und dafür auch noch Steuern zahlt. Überlassen wir die Erziehung unsere Kinder nicht allein dem Staat. Mit unserer Hilfe werden sie zu mutigen, unziviliserten Menschen. Und nur, wer auch als Erwachsener noch regelmäßig auf die Barrikaden geht, bleibt sich treu. Halten wir es mit Bettina Wegner, die in ihrem Lied „Kinder“ zu dem Schluß kommt: „Grade klare Menschen, wären ein schönes Ziel. Menschen ohne Rückgrat, haben wir schon zu viel!“