Immer wieder prangern wir in den Urheimischen Notizen und an anderer Stelle die Lobbykratie an. Auch im Nahrungsmittelbereich setzen unsere Politiker auf wirtschaftlich geleitetes Handeln, das mit gesundem Menschenverstand nicht nachvollziehbar ist.
Abwrackprämie für Fische
Den Widersinn ihres Handelns veranschaulicht das Beispiel des „Dorschwunders“ in der Ostsee. Damit bezeichnen Fischerei-Experten die unerwartete Erholung einiger der dortigen Dorschbestände. Dies geschah hauptsächlich, weil die lange Zeit massiv betriebene polnische illegale, unregulierte und unangemeldete Fischerei (IUU-Fischerei) zurückgegangen ist. Und weil, durch spezielles Wetter bedingt, seit langem mal wieder frisches Nordseewasser in das Ostsee-Brackwasser geströmt ist. Pech allerdings für die Fischerei-Industrie: Das Dorschwunder führte bald zu einem Preisverfall bei dem Edelfisch. Daraufhin startete die Europäische Union auf Initiative von Industrielobbyisten, so der Fischereiforscher Dr. Christopher Zimmermann vom Rostocker Thünen-Institut für Ostseefischerei, Stützungskäufe für Dorsch. Nicht, um damit die weitere Überfischung zu verhindern, sondern um die gefangenen Fische – was für eine perfide Idee! – zur Preis-Stabilisierung zu vernichten. Diese Abwrackprämie für lebende Fische nutzt der Fischerei- Industrie also doppelt: Aktuell durch die Stützungskäufe, längerfristig, indem sie hohe Preise infolge einer erneuten Verknappung der Fangmenge erzeugt – quasi staatlich geförderte Überfischung. Dies erinnert fatal an die Butterberge, Milchseen und Fleischberge in den 70er Jahren.
Die Ausmaße des Irrsinns
Unter extremem Energieverbrauch werden zunächst hochwertvolle Lebensmittel aufwendig produziert und dann gewissenlos vernichtet. Paradox vor allem angesichts neuer gesetzlicher Regelungen, in denen die Regierung uns zum Kauf von Energiesparbirnen zwingt. Daß gutes Getreide durch massive Subventionen als Biotreibstoff zum Autofahren mißbraucht wird, ist ein weiteres Beispiel von Politiker- Entscheidungen in „unserem Interesse“.
Schließlich ist auch der
tierverachtende Umgang mit fleischliefernden Tieren nicht nur im Kontext der vorsätzlichen Überproduktion und Lebensmittelverschwendung absolut inakzeptabel (das Fleisch von fast jedem zehnten „Nutztier“ landet im Müll!). Um zu dieser Einsicht zu kommen, braucht man nicht den Grundgesetz-Paragraphen 20a, der Tierschutz seit 2002 zum Staatsziel erklärt. Und zehn Jahre später sind wir offenbar weiter denn je von einer artgerechten Tierhaltung entfernt. Unwahrscheinlich ist allerdings, daß den Politikern, in Erkenntnis der von ihnen geschaffenen Mißstände, der Appetit auf ihre Weihnachtsgans vergeht.
Weihnachtlicher Appetit
Wir Deutschen essen gerne und viel Fleisch – hochgerechnet verzehrt jeder von uns in seinem Leben mehr als 1.000 Tiere. In den mehr als 5 Kilogramm Fleisch, die allein während der Weihnachtszeit pro Person konsumiert werden, sind mindestens 1,5 Kilogramm Geflügel enthalten – meistens von einer der 6–10 Millionen extra zu diesem heiligen Anlaß geschlachteten Weihnachtsgänse. Bedenkt man, daß Fleischverzicht Leben verlängert – das von den Tieren und unser eigenes ( : +9,5 Jahre, : +6,1 Jahre) – wäre es sicher eine christliche Tat und ein Dankeschön an die Schöpfung, zu Weihnachten auf die Gans des heiligen Martin von Tours zu verzichten. Wir haben also vollstes Verständnis für jeden, der den Umstieg auf eine vollständig vegetarische Ernährung zu seinem persönlichen Neujahrsvorsatz erklärt. Wäre nicht auch die Kirche ein geeigneter Ort, um über den Tierschutz zu sinnieren? Wir sind gespannt auf die feierlichen Weihnachtsmessen und die weihnachtlich gefüllten Festtafeln in unserem Land!